Mittwoch, Dezember 21, 2005

Ora et Lesora

Wie man die Heilige Schrift zu seiner wahren Erbauung lesen sollte... Teil 3. August Hermann Francke.

4.) Billig ist es auch, dass das Lesen der Heiligen Schrift mit lauter Gebet und Seufzen , wie auch mit Lob und Dank Gottes verrichtet werde. Denn dieses ist die einfältige Art, dass man allezeit seine gute Erbauung dabei habe. Z.B. 1.Mose 1,1: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. O du ewiger Gott, ich danke dir, dass du mich durch dein Wort lehrest, woher Himmel und Erde ihren Ursprung haben.

Oder: Ach, lieber Vater im Himmel, wenn ich meine Augen aufrichte zu dem Himmel und niedersehe zu der Erde, so füre doch mir dieses dein göttlich Wort zu Gemüte, dass ich dich als den Schöpfer des Himmels und der Erde ehren und anbeten solle.

Oder: Ach lieber Gott! hast du Himmel und Erde erschaffen, so bist du ja besser und herrlicher als Himmel und Erde. Darum, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.

Oder: Gott, du bist ja wohl Vater über alles was das Kinder heisset ihm Himmel und auf Erden, der du Himmel und Erde erschaffen hast. Ach lehre mich doch allezeit recht bedenken, was mein sterblicher Leib, das Stücklein Erde, für einen grossen Baumeister und Schöpfer habe.

Oder: Ach, lieber Vater in dem Himmel, wie kann ich doch nun ferner sorgen um meine leibliche Erhaltung, weil ich dich zum Vater anrufe, der du Himmel und Erde erschaffen hast, etc.

Also mag man bei einem jeglichen Vers in der Bibel stille stehen und, wie Luther redet, gleichsam an ein jegliches Sträuchlein klopfen, ob auch einige Beerlein herunterfallen wollen. Dünket's einen im Anfang etwas schwer zu sein, und will nicht sogleich das Gebet fliessen, so mag man wohl weitergehen und es gleichsam an einem anderen Stäuchlein versuchen.

Wenn die Seele nur fein hungrig ist, so wird sie der Geist Gottes nicht ungesättigt lassen, ja es wird sich endlich finden, dass der Mensch an einem einigen kleinen Verslein so viel lebendiger Früchte ersehehen wird, dass er sich auch bei demseligen wird aufhalten und niederlassen als bei einem mit Früchten ganz beladenen Bäumlein. Wer aber im Anfang davor erschrickt und denket, es sei ihm gar zu schwer, er könne die Heilige Schrift nicht also lesen, der ist selbst schuld daran, dass er in seinem ganzen Leben keine rechte Lust und Freude an der Heiligen Schrift gewinne.



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