Mittwoch, Dezember 20, 2006

Johannes Calvin und das begrenzte Sühnopfer

Als ich vor der Aufnahme am theologischen Seminar im Büro des damaligen Studienleiters sass, wurden mir einige ernste Fragen gestellt, die meine theologische Position betrafen. Eine Frage auf dem Anmeldeformular, das ich zuvor gewissenhaft ausgefüllt hatte, hiess; Vertreten Sie theologische Überzeugungen, die nicht von der ganzen evangelischen Christenheit geteilt werden? Nun, weil ich ja nichts verschweigen wollte, gab ich damals freundlich zur Antwort: TULIP.
Tja, und so sass ich einige Zeit später also in diesem Büro und liess mir sagen, dass das begrenzte Sühnopfer keine Lehre Calvins war, sondern erst eine Sonderlehre späterer reformierter Theologen.
Jahrelang trieb mich die Frage um, wie wohl Calvin über diese Sache dachte. Dachte er tatsächlich, dass Christus für alle Menschen gestorben ist, oder dass Gott mit seinem Tod nur beabsichtigte die Erwählten zu erlösen? Dann - rund 10 Jahre später - stiess ich in einem Calvin-Kommentar zu 1. Johannes 2, 2 auf die deutlichen Worte Calvins:

"..... They who seek to avoid this absurdity, have said that Christ suffered sufficiently for the whole world, but efficiently only for the elect. This solution has commonly prevailed in the schools. Though then i allow that what has been said is true, yet i deny that it is suitable to this passage."

Mit anderen Worten sagt Calvin, dass er die Lehre, dass Christus effektiv nur für die Erwählten gestorben ist, für richtig hält, aber sie nicht auf diesen Vers beziehen will. Mitnichten ist dies also eine Sonderlehre reformierter Orthodoxie, sondern geht auf Calvin selbst (und natürlich noch viel weiter) zurück.

Dienstag, Dezember 19, 2006

Dr. Luther und das Verloren gehen der Erwählten

Beim Lesen der Einleitung von Dr. Martin Luthers "unfreiem Willen" wurde ich an einigen Stellen überrascht. Hätte man mir einige Zitate vor die Nase gehalten ohne zu sagen von wem sie stammen, hätte ich auf Calvin getippt oder auf einen der späteren reformierten Theologen. Dass Luther ein so radikaler Calvinist war (isse eine Schärzo), hätte ich nicht gedacht. Hier möchte ich ihn nun selber zu Wort kommen lassen. Martin Luther behandelt in diesem Abschnitt die Frage, warum denn Gott seine Kirche so lange im Irrtum gelassen habe. Diese Frage war eine Kritik Erasmus an Luthers Lehre vom Unfreien Willen. Luther antwortet im Laufe seiner Ausführungen folgendermassen:

Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass einige Menschen, die Gott auserwählt hat, ihr ganzes Leben hindurch irren. Es ist ausgeschlossen nur, dass einer von ihnen nicht noch vor seinem Tode zur Wahrheit zurückkehrt (sic) ist, denn es muss sich die Verheissung Christi erfüllen, dass niemand die aus seiner Hand reissen wird, die ihm gehören (Joh 10,28). Hier fragt es sich nun, ob die auch wirklich zur Kirche gehören, die du (Erasmus) dazu zählst.

Es wird wohl nicht das letzte Mal sein, dass ich Luther in meinem Blog zitieren werde.