Freitag, März 24, 2006

Beten - bis wann?

Gestern habe ich gesagt, wir sollten wie Paulus um Mut und die richtigen Worte beten. Doch schon stellt sich die nächste Frage: Wie lange? Wie lange wird es dauern, bis der Mut in mir aufsteigt? Werde ich merken, wann das Gebet zu wirken beginnt?

Mich beschleicht je länger desto mehr der Eindruck, dass unsere Gebete aller Art oft nicht so recht erhört werden, weil wir zu wenig tun. Ich meine damit nicht, dass wir unsere Gebete selbst erfüllen müssen. Natürlich, es ist alles Gnade und wir können gar nichts tun.

Aber nehmen wir das "Unser Vater" als Beispiel: Setzt der Herr nicht gerade voraus, dass wir mit unseren Bitten gleichzeitig auch handeln? "Dein Name werde geheiligt, dein Reich komme, unser täglich Brot gib uns heute, vergib uns unser Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern", sind das nicht alles auch Aufforderungen, etwas zu tun?

Könnte es dann sein, dass mein Evangelisieren zu dem Zeitpunkt einsetzen muss, wo ich anfange zu beten? Wenn diese Theologie falsch oder einseitig ist, kann es mir bitte jemand aufzeigen? Wenn nicht, dann muss ich mich langsam entscheiden ... soll ich jetzt oder soll ich nicht?

Angst vor Ablehnung?

Was genau ist es, das uns daran hindert, "fully comitted" all unseren nichtchristlichen Nachbarn und Bekannten zu sagen, wie es gegenwärtig um ihre geistliche Gesundheit steht?

Vielleicht Angst vor Ablehnung? Angst, nicht ernst genommen zu werden? Oder Angst, keine wirklich guten Argumente zu haben, wenn Fragen auftauchen? Oder Angst, zu nerven? Wer will denn schon mit diesen einfältigen Traktateverteilern mit den altmodischen Windjacken und dem steril verklärten Lächeln am Bahnhof identifiziert werden?

Ich auf jeden Fall kenne von alledem ein wenig. Also muss ich damit beginnen, diese Angst zu überwinden. Wie kann ich das tun? Natürlich nur, indem ich mich eben in Situationen begebe, die mir Angst und Schrecken einjagen. Immer wieder! Wie wäre es also z.B., einfach mal ehrlich auf einen Nachbarn zuzugehen und zu sagen, "Ich mache mir in letzter Zeit viele Gedanken darüber, was wohl mit dir geschehen würde, wenn du heute plötzlich vor Gott stehen würdest". Oder etwas sanfter für den Anfang: "Ich frage mich öfters, wie könnte ich wohl XY von dem erzählen, was Gott in seinem Wort über sich, Christus uns und unsere Bestimmung sagt. Aber ich finde keinen guten Weg. Ich finde nicht die richtigen Worte. Es ist mir aber wirklich wichtig."

Und dann abwarten (mit Herzklopfen, der Ohnmacht nahe) was passiert. Dann könnte man zu einem späteren Zeitpunkt mal nachhaken: "Hast du dir mal Gedanken darüber gemacht?" Oder so ähnlich.

Haben wir den Mut dazu mit den Nachbarn und Bekannten mehr als nur über Windelsorten, Wetterlage, Erziehungsfragen und günstige Ferienangebote zu reden? Wer macht mit?

Okay, die Beispiele sind vielleicht etwas zu krass. Ich höre den Pietisten in mir: "Komm, lass uns lieber zuerst darüber beten". Einverstanden, mein innerer Pietist. Beten wir. Aber was? "Na, dass der Herr uns den richtigen Zeitpunkt schenkt, den Kairos, um etwas zu sagen". Aber was ist, wenn der "Kairos" kommt und mir noch immer der Mut fehlt? Vielleicht sollten wir eher um Mut beten. Vielleicht sollten wir den Apostel Paulus zum Vorbild nehmen? Der hat die Geschwister gebeten, für ihn zu beten, dass er Mut bekommt, und dass ihm die richtigen Worte kommen, wenn er das Maul aufmacht!

Wer betet mit?

Donnerstag, März 23, 2006

Auf den ersten Surf...

Auf den ersten Surf habe ich ein paar Seiten gefunden, die sich mit dem Thema Evangelisation aus reformierter Sicht auseinander setzen. Aber auch hier gibt es nicht viel praktisches. Und schon gar nichts deutsches. Da die reformierte Bewegung in den deutschsprachigen Ländern erst gerade am Erwachen ist, ist dies zu entschuldigen.

Abgesehen von EE, die aus US-presbyteriansichem Hause kommt, und inzwischen auch auf deutsch übersetzt ist, gibt es also noch viel zu tun! Tun wir es!

Wie Francke aufhört, die Bibel zu lesen ....

August Hermann Franckes kurzer Unterricht ...

6) Wie nun die Lesung der Heiligen Schrift mit dem Gebet muss angefangen und in stetigem Gebet verrichtet werden,also muss man auch damit beschliessen. so mag man denn, wenn man aufgehöret hat zu lesen, auf diese oder dergleichen Art Gott anreden:

O du getreuer, himmlischer Vater! Lob, Ehre, Preis und Dank sei dir demütiglich gesagt für diese grosse Gnade, dass du mich mit dem edlen Manna deines göttlichen Wortes an meiner Seele gelabet, gestärket und erquicket hast. Schreibe es nun alles, was ich gelesen, mit dem göttlichen Finger deines Heiligen Geistes in mein Herz und versiegle es mit demselbigen, damit es der Stan nicht wiederum von meinem Herzen raube, sondern dass ich solchees in einem feinen und guten Herzen bewahre und mich dessen dort ewiglich vor deinem Angesicht erfreue. Amen.

Auch kann mansich gewöhnen, dasjenige, was man gelesen, zum Beschluss in ein Gebet zu fassen und es also Gott dem Herrn vorzutragen.

Mittwoch, März 22, 2006

Ein reformierter Fanfarenstoss!!!

Wenn man so in den reformierten Websites, Büchern und Veranstaltungen sitzt, liest und hört man leider selten etwas über Evangelisation. Es sei denn als Kritik am neuesten evangelistischen Tool der WAVE-Bewegung oder der SWOOSH-Gemeinde.

Natürlich spötteln wir feist aus unserem fetten Lehnstuhl mit der grossen Bibliothek im Hintergrund über Rick Warrens purpose-driven Everything. Natürlich rümpfen wir unser sensibles Näschen über die Kinosessel und die gedämpfte Musik im Eingangsbereich von Willow ... (stören uns aber daran, dass es einer wagt, während unserer 69 minütigen Predigt über die Implikationen des Supralapsarianismus in der credobaptistischen Chinderhüeti, mit der Kirchenbank zu quiitschen) ....

Natürlich, wir reformierten glauben daran, dass Gott seine Schäfchen schon zu uns zieht. Wir wollen schliesslich keine schwarzen (Schafe, meine ich) im Gehege (vor allem die baptistisch geprägten haben einen "Heidenrespekt" davor ....;-) )

Oder wir glauben, wenn nur die Souveränität Gottes recht verkündigt wird am Sonntag, dann kommen - oh Wunder - die Ungläubigen plötzlich von überall her. Man muss nur warten, bis es Gott gefällt. Bei Spurgeon und Lloyd-Jones hat das schliesslich auch mal funktioniert!!!

Seien wir aber ehrlich ... die einzigen die kommen, sind die Ausgestossenen, Randständigen und Verunsicherten (nicht der Gesellschaft, sondern der PECK: postmodernen evangelikalen Christenbefriedigungs-Kirche) ...

Wo also ist die reformierte Gemeinde, die ausschwärmt, um an den Hecken und Zäunen die Verlorenen zu suchen? Wo ist die reformierte Seeker-Gemeinde (schon mal darüber nachgedacht, dass es Jesus ist, der sucht?), die die Verlorenen sucht, die noch gar nicht wissen, dass sie verloren sind? Und auch diejenigen sucht, die erkannt haben, dass sie verloren sind im Morast des multireligiösen Niemandslandes?

Sollte die reformierte Gemeinde nicht mobil machen, aggressiv und kompromisslos, aber mit Weisheit und Liebe zu Gott und den Verlorenen evangelisieren? Wo sind die reformierten Glaubensgrundkurse (ich meine nicht den G12), die reformierten Zeltevangelisationen, die reformierten Gassenküchen, die reformierten Drogenentzugsstationen, die reformierten Kulturabende, die reformierten Spielfilme, die reformierten Konzerte? Wo sind die reformierten Stosstruppen Gottes, die in Wind und Wetter das Evangelium der wunderbaren Gnade Gottes verkündigen, und zwar da wo es zuerst hingehört? Nämlich in die Ohren der geistlich Toten?

Wann wachen wir auf und machen mobil???